Vorsichtiges Prost!
Es kommt ja immer darauf an, aus welcher Warte man etwas bewertet. Noch vor 10 Jahren wäre eine Anhörung zum Thema Stiefkindadoption bei unserem höchsten Gericht sicherlich sehr anders verlaufen, als dies gestern beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe der Fall war. Fast einmütig wurde die derzeitige Rechstlage, dass nur Ehepartner_innen und nicht Lebenspartner_innen das adoptierte Kind ihres Partners/ihrer Partnerin zweitadoptieren können, kritisiert. Dem Kindeswohl dienlich seien in jedem Fall zwei gesetzliche Elternteile, so die vorherrschende Meinung. Die Klageparteien können optimistisch das neue Jahr abwarten, vor April wird allerdings keine Entscheidung fallen. Daumen drücken ist trotzdem angesagt: Wenn das BVG entscheidet, dass das Lebenspartnerschaftsgesetz angepasst werden muss, dann muss die Bundesregierung handeln und die Gesetzesänderung auf den Weg bringen. Das dauert. Entscheidet das Gericht, dass das Lebenspartnerschaftsgesetz dahingehend ausgelegt werden muss, dass die Stiefkindadoption auch bei adoptierten Kindern für Lebenspartner_innen erlaubt ist, dann könnte es gleich losgehen.
Deutlich ist bei dieser Anhörung einiges geworden: Die vom Justizministerium in Auftrag gegebene Studie zu Kindern aus gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften, deren Ergebnisse 2009 veröffentlich wurde und die den Familien durchweg Positives bescheinigte, ist ein immens wichtiges Instrument, um unsachliche und auf Vorurteilen basierte Argumente zu entkräften. Die Studie wurde von Fachleuten während der Anhörung mehrfach herangezogen, um zu begründen, warum ein zweiter rechtlicher Elternteil gerade in Regenbogenfamilien, die in der homosexuellen Beziehung geplant und geboren wurden, für die Kinder wichtig und dienlich ist. Und wenn die Süddeutsche Zeitung darüber referiert, dass für ein gutes Aufwachsen die Qualität der Elternbeziehung und ein harmonisches Familienklima viel wichtiger sind als das Geschlecht der Eltern, dann kann ich nur sagen: Endlich verstanden, 100 Punkte.
Wermutstropfen: Die gemeinsame Adoption eines fremden Kindes – darüber wurde gestern natürlich nicht verhandelt. Das ist der nächste Kampf, den wir weiterhin beharrlich führen müssen.
Aber: Das Thema hat es auf die erste Seite geschafft – ein Beweis dafür, dass wir heute ganz woanders stehen als noch vor 10 Jahren. Beharrliches Kämpfen lohnt sich allemal! Und auf dem Nachrichtenkanal des Bayrischen Rundfunks (B 5) habe ich gestern zum ersten Mal das Wort „Regenbogenfamilien“ vernommen!
Fazit: Vorsichtiges Prost!
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