Isch will!
Nun hat Frankreich als vierzehntes Land der Welt die Ehe für alle geöffnet. Gestern hat die Nationalversammlung in Paris das Gesetz endgültig angenommen. Bereits im Juni sollen die ersten Ehen zwischen Frauen bzw. zwischen Männern geschlossen werden können. Schampus und hoch die Tassen? JA, aber. Die Französ_innen feiern verhalten. Zu gespalten ist das Land und man fragt sich, was da eigentlich passiert ist. Um die Ehe und das Adoptionsrecht für eine dann doch relativ überschaubare Anzahl von Menschen allein kann es doch nicht gehen in diesem nicht enden wollenden Protest. In den Tagesthemen wurden Stimmen der Gegner_innen eingefangen. Da spricht eine 20-jährige Studentin, die sich einer christlich-fundamentalistischen Gruppe angeschlossen hat, tatsächlich davon, dass das Fundament der französischen Gesellschaft in Gefahr sei. Man könne schließlich nicht einfach machen, was man will. (Wahrscheinlich weiß sie gar nicht, wovon sie spricht, denn die Ehe kann ja nicht wirklich als ein Projekt gesehen werden, bei dem man nur macht, was man will – eher im Gegenteil!) Und sie demonstriert in einem bunten, heterogenen Zug nicht nur gegen die Ehe für alle, sondern auch gegen Präsident Hollandes gesamte Politik. Tausende Konservative und Rechtsextreme sind auf der Straße und kündigen an, weiter gegen gesellschaftliche Modernisierungsprojekte zu protestieren – in gruseligen Allianzen hängen sich alle möglichen Gruppierungen dran.
Die Ehe für alle wird dennoch in Frankreich schnell eine gesellschaftliche Normalität werden. Ein zentrales Wahlversprechen, das die Mehrheit der Wähler_innen unterstützt, wird nicht dadurch plötzlich verfassungswidrig, weil ein paar durchgeknallte Gegner das Verfassungsgericht anrufen. Wir erinnern uns: Zwei Bundesländer wollten hier in Deutschland 2001 auch mit einem Antrag beim Bundesverfassungsgericht die Eingetragene Lebenspartnerschaft verhindern. Sie sind kläglich gescheitert, das Gericht hat seither der Regierung unmissverständlich klar gemacht, dass sie lesbischen und schwulen Paaren endlich gleiche Rechte zuerkennen soll.
So wird in Frankreich hoffentlich bald Ruhe einkehren. Das Thema ist durch.
Und bei uns? Der Wahlkampf darf jetzt mal ein bisschen spannender werden. Früher gab es wenigstens noch so Aufreger wie „Der Liter Benzin soll 5 Euro kosten“, oder waren es 5 Mark? Wie wäre es denn mal mit „Wir brauchen ein Sorgerecht für mehr als zwei Personen“ oder „Abschaffung des G8“ – ups, das ist jetzt ein ganz anderes Thema, aber auch enorm wichtig!
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