Ehe für alle: Angela Merkel wird’s aussitzen.
Der Bundesrat hat sich für die Öffnung der Ehe ausgesprochen. Prima. Ändert aber nix an Merkels Bauchgefühl.
In der heutigen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung wird Angela Merkel zitiert. Sie erzählt, als es im Bundestag um die Eheöffnung geht, warum sie ihren Gatten Joachim Sauer erst realitiv spät geehelicht hat. Aus der Partei kam ziemlicher Druck, sie solle doch nun endlich heiraten. Doch mit Druck ginge bei ihr gar nichts. Die Anekdote sollte lustig sein, aber so lustig war sie wohl doch nicht. Denn natürlich ist dies ein verklausulierter Hinweis, wie sich die Kanzlerin in Sachen Eheöffnung verhalten wird: Sie wird nichts entscheiden, außer, dass erst einmal alles so bleibt wie bisher. Aussitzen, bis das Volk auf die Barrikaden geht? Ha – das wird nicht passieren, dazu ist das Thema einfach zu unbedeutend. Und was ist, wenn Karlsruhe schimpft? Wenn niemand gegen das Heiratsverbot für gleichgeschlechtliche Paare klagt, wird auch das Bundesverfassungsgericht nicht tätig werden.
So lange Merkel am Ruder ist, wird sie erst einmal bockig bleiben und denjenigen einen wunderbaren Dienst erweisen, die in der Eheöffnung einen Angriff auf die Menschheit sehen. Ob daran die 80.000 Unterschriften der Petition zur Ehe für alle etwas ändern werden? Kaum zu glauben, auch wenn die Petition eine tolle Sache ist.
Die Publizistin Carolin Emcke schreibt, dass sie den Eindruck hat, gleichgeschlechtliche Paare/Familien müssten sich Prüfungen stellen, die heterosexuelle nie zu absolvieren hätten. Damit beschreibt sie sehr anschaulich, wie die Diskriminierung hinter jeder Ecke lauert und dass mit einer Öffnung der Ehe nur ein stets falscher Zustand endlich korrigiert werden würde – und nicht mehr. Das Schlimme ist ja, dass beim Kampf um die schiere Gleichbehandlung schnell die Frage im Raum steht: „Was wollt ihr denn noch, langsam hat man den Eindruck, ihr werdet bevorzugt.“ Kommt eine jahrzehntelang in der Unsichtbarkeit gehaltene Gruppe ans Tageslicht und beansprucht gleiche Rechte, dann ist das schon irritierend für einen Teil der Gestrigen, der politische und gesellschaftliche Definitions- und Entscheidungsmacht heterosexuell geprägt halten will. Das wird aber nicht so bleiben. Auch wenn Merkel es aussitzt – das Rad lässt sich nicht mehr zurückdrehen, trotz Pegida, trotz Eltern, die meinen, die Sorge um ihre Kinder rechtfertigt homophobe Verunglimpfungen. Die Öffnung der Ehe wird kommen und damit für Regenbogenfamilien endlich rechtlich gemeinsame Elternschaft von Anfang an – und zwar nicht, weil alle Homos jetzt heiraten wollen oder sollen, sondern weil das Recht für alle gilt. Wie schrieb Heribert Prantl: Es geht nicht um Zeitgeist, es geht um Menschenwürde.
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