Eine ganz normale Party
Neulich waren wir auf einem Fest eingeladen, auf dem nur heterosexuelle Personen (vulgo: Heten) zugegen waren. Von den etwa 80 anwesenden Leuten waren 76 verpaart – ein ziemlich homogener Haufen in dieser heterosexuellen Atmosphäre.
Viel small talk, gutes Essen, alle natürlich total nett und offen. Frau/man stellt sich nicht vor, und meistens wird dumm herumgestanden oder man hält sich an die wenigen, die man kennt.
Um die Verpeinlichung in Grenzen zu halten, kommt es gerne zu folgender Frage: “Wie bist Du denn hier hergekommen?” Also übersetzt gesagt: In welcher Beziehung stehst Du zur Gastgeberin/zum Gastgeber? Dagegen ist ja auch nichts einzuwenden, aber wenn damit ein Coming-out als Lesbe verbunden ist, weil die verwandtschaftlichen Verhältnisse eben so sind wie sie sind, dann geht’s los mit der Überlegung: Was möchte ich jetzt sagen, oder wie möchte ich es sagen. Aufgeklärte liberale Heten sind nämlich ein Albtraum.
“Oh, tut mir leid, dass ich gefragt habe”, war z.B. die Antwort eines männlichen Albtraums auf meine selbverständliche Erklärung, dass die Gastgeberin meine Schwippschwägerin sei, ich also die Gefährtin der Schwägerin der Gastgeberin, respektive der Bruder meiner Gefährtin der Gatte der Gastgeberin sei.
“Ich habe aber damit überhaupt kein Problem”, fuhr der Albtraum fort und realisierte nicht im Geringsten, dass er sich mit jeder weiteren Silbe als König der Homophoben outen würde.
Ein weiterer Gast, seines Zeichens Jurist, schaltete sich ein. “Ihr könnt doch jetzt auch heiraten”, lallte er, “Dann ist doch alles in Butter, oder?” Auf meinen Versuch hin, die nach wie vor pflichtlastige Gesetzeslage zur eingetragenen Partnerschaft in zwei kurzen Sätzen zu skizzieren, konterte der Jurist gekonnt: “Ach, das mit der Ehe ist doch eh scheiße – und das mit der steuerlichen Entlastung, was – das geht bei Euch echt nicht? Hab‘ ich ja gar nicht gewusst..” Er gießt sich noch ein Gläschen ein und geht an einen anderen Tisch. Sein Interesse gilt fortan einer Blondine, die sogleich an seinen Lippen hängt, als er beginnt, von seinem neuesten Fall zu erzählen.
“Bist Du denn wirklich lesbisch? Du siehst doch ganz gut aus. Neulich habe ich doch echt eine rumgekriegt, die davor zehn Jahre nur mit Frauen rumgemacht hat. War ‚ne süße Maus, spielt jetzt in irgendeiner Theatergruppe – vielleicht kennst Du sie ja sowieso”, schaltet sich der erste Redner wieder ein und nennt irgendeinen Frauennamen.
Anstatt ihn zu erschlagen, gehe ich an einen anderen Stehtisch, denn ich hätte so gern mal einen Themenwechsel.
Dort spielt sich folgende Szene ab: Gästin (mit Blick auf mich): “Stellt Euch vor, der Sohn vom Maxl, der Leon, ist schwul!” Gast: “ Na und? Ist doch heute alles kein Problem mehr – wird er halt Frisör!” Sie: “Aber so einfach ist es doch nicht – er hat totalen Stress mit seinem Vater, ihr kennt doch den Maxl!” Anderer Gast: “Ach, soll er’s halt nicht überall herumerzählen, dann wird’s für den Maxl auch nicht so schwer.”
Nein, bitte nicht, ich habe heute abend frei! Doch da kommt sie schon, die Frage: “Könntest du nicht mal mit dem Maxl reden?” NEEEIIINNN!
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